42 - Die gnostische Einheit und Freiheit

In diesem Leben haben wir alle ein Ziel. Wir nehmen an, daß es nicht mehr Ihr höchstes Ziel ist, eine gesellschaftliche Position zu erreichen. 

Von den Menschen, die sich einem gnostischen Weg zuwenden, nimmt man an, daß sie wissen, was sie tun und worüber sie sprechen. Das Wort "Gnosis" schließt das Wort "ich" vollkommen aus. 

Es ist für uns die Frage, ob die, welche glauben, gnostisch zu sein, auch wirklich wissen, was sie sagen. Gnosis ist ein Wort und ein Begriff, der aus alten Zeiten zu uns gekommen ist und der viele Jahrhunderte hindurch verborgen gewesen ist, ohne daß einer jemals danach gefragt hätte. 

Gnostizismus ist eine der größten Gefahren für die Kirche gewesen, und er gründete seine Lehren auf die Seelen-Erlösung aus dem Kerker des Körpers und auf die Rückkehr zu Gott. 

Gnostizismus, so sagt die Enzyklopädie, hat der Kirche gegenüber niemals einen Erfolg ernten können, weil seine Bekenner zu verteilt waren. Trotzdem haben die Kirchen den Gnostizismus in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung mit Blut und Feuer erstickt, und diese Verfolgung setzte sich bis ins Mittelalter hinein fort - Sie wissen es. 

Es besteht ein scharfer Kontrast zwischen Kirche und Gnostizismus. Und weil man die Kirche als den großen religiösen Körper dieser Welt ansieht, ist der Gnostizismus nicht religiös, so sagt man. 

Es ist dann auch merkwürdig, daß viele antikirchliche, auch wohl anti-religiöse Menschen von dem Gnostizismus angezogen werden, d.h. angezogen werden von intellektuellen, mit einem mysteriösen Anstrich versehenen Lehren.  

Der ursprüngliche Gnostizismus ist verlorengegangen in der Vielheit der Auffassungen, in intellektuellen Spitzfindigkeiten, dem Verlust der Religion: dem Dienst an Gott, dem wieder Gott dienen. 

Sobald ein Mensch vom Gottesdienst der Kirchen genug hat, d.h. genug hat von der Übergabe an Gott, sucht er ein Bekenntnis ohne Gott.  

Aus dieser Aversion gegen "Gottesdienst", die sich in dem Menschen durch die Praktiken der Kirchen erhob, erwuchs der "Okkultismus", als Antwort auf die Sklaverei, die von dem religiösen Menschen gefordert wurde. 

Die okkulte und verborgene Lehre unterweist den Menschen im Entfalten seiner verborgenen eigenen Kräfte. Der Gnostizismus lehrt nur die "Rückkehr der Seele zu dem Licht", aus dem sie gefallen ist. 

Wenn Sie in dem Gnostizismus Ihr Lebensziel gefunden haben, dann haben Sie die höchste Zielsetzung auf Erden gefunden. Aber Sie sind dann auch eine Bindung mit einer Lehre eingegangen, bei der Sie, als Herr X und Frau Y, unwichtig sind. 

Eine Lehre, die sich keine Mühe gibt, Ihre verborgenen "okkulten" Kräfte zu erforschen, sondern die, im Gegenteil, alle Ihre verborgenen, aber naturgebundenen Mächte negiert. 

Alle Gnostiker haben durch die Geschichte hindurch ihre innere Überzeugung durch Leiden, durch Verteidigung und durch harte Verfolgung bekennen müssen.  

Die gnostische Lehre ist die höchste Lehre in dieser Welt, weil sie den Menschen nicht bei sich selbst und seinen verborgenen Naturkräften anpackt, sondern bei der gefangenen, schwach gewordenen Seele in ihm. 

Dadurch ist der Gnostizismus allen anderen Religionen in der Welt diametral entgegengesetzt. Dieser Gegensatz ruft unmittelbar in der Welt Reaktion und Auflehnung auf in dem Menschen, der naturgeboren und gebunden ist. 

Wir brauchen Ihnen all die alten und verfolgten gnostischen Gemeinschaften nicht aufzählen, Sie kennen sie. Ihr Kampf gegen die Kirche, gegen einen weltlichen religiösen Körper ist - als weltlicher Sieg gesehen - umsonst gewesen. 

"Weil sie verteilt waren", so sagt die Enzyklopädie. "Die Geteiltheit" ist die große Schwierigkeit und der mächtige Widersacher des Gnostikers. 

Weil er in Körper und Seele "geteilt" ist, ist er ein Sucher, ein nach der "Einheit" suchender Mensch geworden. 

Aus dem Begriff der inneren Geteiltheit sind der Gnostizismus und die "Ketzerei" geboren.  

Die Weltreligion ist geboren aus dem nicht wissen wollen, oder aus der Dummheit hinsichtlich dieser inneren Geteiltheit. Das Verbergen dieser inneren Geteiltheit der Menschen macht einen weltreligiösen Körper und den Okkultismus mächtig. Sie lehren einfach: Sie müssen zu Gott zurück, oder: Sie sind der gewaltige Magier. 

Man knüpft bei dem Suchen der Menschheit nach Einheit an. 

Alle Methoden, den naturgeborenen Menschen zu beeinflussen, zielen auf seine Angst wegen der innereigenen Geteiltheit. Wenn man diesem Menschen einen mächtigen, starken äußerlichen Körper anbietet, fühlt er sich sicher, nicht mehr aufgejagt. 

Wenn man ihm einen Meister anbietet, der schon alles für ihn machen wird, fühlt er sich geborgen, von seiner individuellen Verantwortung befreit. Darum hat es jede gnostische Gruppe und jeder gnostische Mensch besonders schwer. 

Das immer stärker werdende Bewußtsein der inneren Geteiltheit, treiben Gruppe und Menschen zu Handlungen. Diese Menschen werden, obwohl sie innerlich schon unruhig sind, von innen heraus nochmals aufgejagt, weil das Seelen-Verlangen in ihnen angesprochen wird und sie immer mehr peinigt. 

Darum kann man Gnostiker auch nicht in einer Schein-Einheit zusammenpferchen, weil sie eine lebendige innere Geteiltheit besitzen, die ihnen fortwährend einen Streich spielt, die sie erst dann in Ruhe lassen wird, wenn die innere Einheit der Seele wiederhergestellt ist! 

Die höchste Form von Religion: Dienst an Gott, ist der Gnostizismus, worin die Seele Gott dienen will, indem sie zu dem Licht zurückkehrt. 

Der Gnostizismus ist eine Angelegenheit des Individuums, des Seelenatoms und nicht des naturgeborenen Menschen. 

Wer sein Leben dem Gnostizismus weihen will, erfährt dadurch eine innere Veränderung. Er muß von einer bewußt erkannten Geteiltheit zu einer bewußten inneren Einheit kommen. Der spirituelle Glanz, den der Gnostizismus und seine Bekenner bei den mächtigen äußerlichen religiösen Körpern genossen, ist der inneren Seelen-Einheit der wahrhaftigen Gnosis-Bekenner unter ihnen zu verdanken.  

Darum ist der Gnostizismus immer ein Gottesdienst des einzelnen! Auch innerhalb der gnostischen Gruppierungen sind es die einzelnen, die wahrhaftig den Gnostizismus bekennen.  

Darum versuchen wir auch, den unruhigen, aufgejagten, von seiner eigenen Geteiltheit zerrissenen Gnostiker zu trösten, indem wir die Stille einführen. Man kann diesen Menschen nicht ständig aufjagen, bis daß er in Form einer Krankheit explodiert. Der Mensch, der den Gnostizismus gefunden hat und sich plötzlich der Wahrheit davon bewußt wird und seine Seele zum Licht zurückbringen will, muß zuallererst eines lernen: eins zu werden. 

Und "eins" zu werden, bedeutet, wenn er ein Gnostiker sein will: Alle Naturgebundenheit muß fallen. Dann kehrt die Einheit der Seelen-Substanz zurück. 

Die Schwierigkeit liegt nun in dem "Fallenlassen aller Naturgebundenheit". 

Wenn die Welt mit praktizierenden Gnostikern überschwemmt wäre, würde diese WeIt schon lange nicht mehr bestehen, und das grausame Leiden würde ein Ende genommen haben! 

Als Sie sich dem gnostischen Weg zuwandten, haben Sie sich von allen Religionen der Welt abgekehrt, einschließlich vom Okkultismus und der Persönlichkeitskultur. 

Wenn Sie wahrhaftig - mit Herz und Seele - ein Gnostiker sind, können Sie niemals mehr zu irgendeiner Religion dieser Welt zurückkehren, weil Ihnen die Wahrheit, innerlich, als eine Erfahrung begegnet ist! 

Sie sind, als Gnostiker, ausgestoßen - Sie haben sich selbst außerhalb dieser Welt gestellt. 

Und nun besteht die große Schwierigkeit hierin, daß Ihr Denken dieses versteht, daß Ihr Gefühl diesem anhängt, weil es wahr ist, aber daß Ihr Wille zögert, weil er das Kernfeuer der Natur umfaßt und die Arroganz der Eigen-Weisheit. Weil dieser Streit zwischen Materie und Seele noch in uns lebt, sind wir noch keine praktizierenden Gnostiker, sondern nur sympathisierende! 

Dieses ist zu erkennen an unseren Handlungen. Sie können - wenn Sie innerlich noch gespalten sind - immer in eine mächtige, welt-religiöse Organisation zurückfallen. 

Die innere Pein um der Wahrheit willen wird langsam sterben, und Sie werden wiederum "zufrieden" werden, in der Einheit der Naturgebundenheit einschlafen. Dann werden Sie eins mit der Materie. 

Dann wählen Sie den Weg des Seelen-Todes anstelle des Materie-Todes oder des Endura. 

Alle Probleme, die Sie möglicherweise haben oder die Sie untereinander haben, kommen daher, daß Sie noch kein praktizierender Gnostiker sind und - immer wieder von der Unruhe Ihrer Geteiltheit ergriffen werden. 

Man kann sich Ihnen aus der Natur nähern, solange die Ruhe der Seelen-Einheit noch nicht in Sie zurückgekehrt ist. Der gnostische Weg - und wir haben Ihnen dieses mehrfach gesagt - ist ein Weg für die Starken, weil die Verführung, in die scheinbare Sicherheit der materiellen, ichgeborgenen Einheit zurückzufallen, groß bleibt. 

Innere Unruhe ist keine Schande, sie ist der Beweis Ihres inneren Kampfes. Sie können auch innerlich ruhig sein, weil Sie "tot" sind. 

Vielleicht kennen Sie Menschen, die diese innere Schein-Ruhe besitzen, weil sie zufrieden, in Sicherheit dem Weg folgen, den ihre Führer ihnen genau vorzeichnen; oder sie besitzen die unangenehm berührende maskenhafte Ruhe, die auf das Wecken verborgener Naturmächte deutet, die sie dann beherrschen.  

In dem Gnostizismus haben Sie die höchste Religion auf der Erde gefunden, und Sie können das Göttlichste erreichen, das Ihnen möglich ist: die Einheit Ihres Individuums, Ihres Seelen-Atoms mit dem universellen göttlichen Atom. 

Der Weg der Gnosis ist darum kein gott-loser Weg, sondern ein gott-bekennender Weg. Jeder, der diesen Weg gehen will, muß darum religiös, gott-dienend sein. 

Diese Religion hat nichts mit dem zu tun, was die Kirchen und alle naturgebundenen Religionen predigen. Man erwartet von Ihnen keine sklavische Untertänigkeit dem Gesetz nach, im Gegenteil, von dem Gnostiker erwartet man, daß er das Seelen-Gesetz erkennt und sich selbst - aus freiem Willen und freier Einsicht - diesem Gesetz fügt. 

Dieses Seelen-Gesetz ist ein inneres Gesetz, das Sie gefunden haben, als Sie den Gnostizismus als Wahrheit erkannten. 

Es gibt in unserer Zeit jedoch immer mehr Menschen, die den Gnostizismus als einen interessanten Zeitvertreib, als ein intellektuelles Vergnügen aufgreifen. Der bekennende Gnostiker bleibt immer hinter den Kulissen der äußeren Historie verborgen, weil er, als Mensch, an den Geschehen dieser Welt keinen Anteil mehr haben will. 

Die wunderbaren Taten der Gnostiker, die die Geschichte uns überliefert, wurden von den einzelnen vollbracht, niemals von der Masse einer gnostischen Gruppe. 

Denn Gnostiker werden, betrifft nur das Individuum, das Seelen-Atom. Wenn es in einer Gruppe verschiedene Gnostiker gibt, in Wahrheit und Bekennen, finden sie einander nur durch die Einheit dieses Individuums. 

Und weil sie die Welt kennen und abweisen, haben sie kein Bedürfnis an schönen Phrasen, um sich einander zu nähern.  

Da ist immer das leuchtende Seelen-Fluidum, als eine Strahlung, suchend, erkennend, sich vereinigend, weil die gleiche Schwingung die Einheit schafft. 

Wenn wir Sie - als wachsender Gnostiker - in die Stille hineinführen, dann geschieht das also wirklich, um Sie zu trösten. Um Sie zu trösten in Ihrem Streit der Geteiltheit, und um Sie immer mehr davon zu durchdringen, daß dieser Streit nicht zu sein brauchte, wenn Sie den Tröster, als Hilfe und als Kraft, annehmen wollten. 

Dieser wird Ihren Streit schlichten, wenn Sie wirklich wollen! In der Gnosis haben Sie das Höchste gefunden, das Sie auf Erden finden konnten.  

Lassen Sie die Wahrheit über Ihre eigene Geteiltheit und Ihre Unruhe Sie nicht in die Versteinerung zurückführen, in die Materie der okkulten oder kirchlichen Weltreligionen. 

Sondern sehen Sie die Ursache in Ihrer Unruhe und freuen Sie sich darüber und praktizieren Sie dann den lebendigen Gnostizismus, indem Sie die Hilfe des Siebenfachen Trösters annehmen. 

Und somit zu der Geistseele werden, zu dem Christus, der die Welt-Seele befreien wird und die äußerliche Welt abweist. Das ist der universelle Gnostizismus.  

Wir sagen Ihnen, daß innere Bewegtheit und bewußtes Erkennen des Streites der Stille des Todes vorzuziehen sind, in der Ihre Seele an Lichtlosigkeit stirbt. 

Wenn Sie Ihren Streit jedoch aus den Händen legen, werden Sie bemerken, daß Ihre Seele Gott wiederfindet. 

Dadurch wird der uralte Begriff von der Religion wiederhergestellt. Denn es gibt keinen tieferen, lebendigen Gottesdienst als den Gnostizismus, in dem die Seele, das Gottesatom, im Mittelpunkt steht. Gnostizismus ist das Gottbekennen durch die Seele. 

Okkultismus ist das Bekennen der Naturmächte durch das Ich. 

Dogmatische Religion ist das Ersatzmittel für die Religion - durch äußerliche Organisation und Gesetz. Dabei lernt der Mensch Gehorsam dem Gesetz gegenüber, ohne daß die Seele damit verbunden ist. 

Wenn Sie ein Gnostiker sein wollen, lassen Sie Ihre Seele frei, um ihren Gott zu bekennen, gemäß dem Urgesetz Gottes. 

Dann kehrt die Einheit wieder - um Sie und in Sie. 

Eine lebendige Einheit, die Sie Wiedererschafft.  

Mögen Sie von dieser Gnosis durchdrungen werden!

©1970 - 2020    Henk und Mia Leene